Aus Mozarts Brief vom 29. April 1782

„Überlegen Sie wohl, was Sie heut zu mir gesagt haben. Sie haben mir (ungeachtet aller meiner Bitten) drei Mal den Korb gegeben und mir gerade ins Gesicht gesagt, dass Sie mit mir nichts mehr zu tun haben wollten. Ich, dem es nicht so gleichgültig ist wie Ihnen, den geliebten Gegenstand zu verlieren, bin nicht so hitzig, unüberlegt und unvernünftig, den Korb anzunehmen. Zu diesem Schritte liebe ich Sie zu sehr.“

Mit diesem Brief macht W.A. Mozart seiner „liebsten, besten Freundin“ Constanze Weber Vorhaltungen, weil sie sich in Gesellschaft junger Leute bei einem Pfänderspiel von einem Kavalier die Waden messen ließ. Das „Wadenmessen“ gehörte zu Mozarts Zeiten vor allem in Adelshäusern zu den beliebten Gesellschaftsspielen und hatte einen etwas anrüchigen Charakter. Selbst Casanova, dem Constanze als spätere Frau Mozart begegnete, beschrieb dieses Spiel in seinen Lebenserinnerungen. Wenn man allerdings weiß, dass Mozart selber gerne Waden maß, kann man seine Vorwürfe in erster Linie als das verstehen, was sie in Wirklichkeit sind - eine Überreaktion aus Eifersucht. Im Hause Weber muss es zuvor schon zum Eklat gekommen sein, denn Mozart wirft Constanze vor, aufbrausend gewesen zu sein.

Es ist der einzige Brief, den W.A. Mozart jemals an die ledige Constanze Weber geschrieben hat.
Und es ist ein langer und ernster Brief, mit dem er versucht, die schmollende Braut nach einer wohl bühnenreifen Eifersuchtsszene mit zärtlichen Worten wieder zur Vernunft zu bringen und ihr seine  unerschütterliche Liebe zu erklären. Die Eifersuchtsszene hat er in seine Oper „Die Entführung aus dem Serail“ aufgenommen.   

Mozart hatte mit diesem Brief Erfolg: Nur drei Monate später, am 4. August 1782, wurden die beiden im Wiener Stephansdom getraut. Bis zu seinem Tod am 5. Dezember 1791 ließ Mozart nie darin nach, seinem „lieben Weibchen“ in unzähligen Briefen seine Liebe immer wieder aufs Neue zu beteuern.

Heidi Knoblich

Presseartikel: Mozarts Liebeserklärung

Badische Zeitung, 8. Oktober 2010